Kleinbauern-Vereinigung

Naturgerechte Qualität für bewussten Konsum

Den Sitz der Kleinbauern-Vereinigung würde man eher in ländlicher Idylle vermuten als am Nordring. Das ist kein Widerspruch, denn die Vereinigung praktiziert eine enge Zusammenarbeit mit den Konsumenten und will dort sein, wo diese sind. Ein bewusster Konsum zugunsten von Natur und Tier soll durch Sensibilisierung erreicht werden.

Martin Jost
AfdN 04/2024 – Kleinbauern Vereinigung
Das Team der Geschäftsstelle der Kleinbauern-Vereinigung am Nordring. (Bilder: Martin Jost)

Der «Alpomat» ist der kleinste Hofladen der Stadt. Die Selbstbedienungsautomaten, lanciert durch eine Bäuerin und die Kleinbauern- Vereinigung, stehen dort, wo die Mehrheit der Kundschaft lebt und arbeitet. Und er steht sinnbildlich für eine der Kernaufgaben des Vereins: die Versorgung mit Hofprodukten aus umweltschonender Bewirtschaftung von lokalen Bäue rinnen und Bauern durch einen direkten Absatzkanal. Nebst der Förderung der Direktvermarktung gehört die Beratung bei ausserfamiliären Hofübergaben zu den wichtigsten Aufgaben und Dienstleistungen des Vereins. Hinzu kommt das politische Engagement, denn ohne Politik geht nichts in der Schweizer Landwirtschaft, unabhängig vom jeweiligen Standpunkt. Was immer produziert wird und auf unseren Tellern landet, hat einen politischen Hintergrund. Deshalb ist die Aus sage von Patricia Mariani als Co- Geschäftsleiterin der Vereinigung keine Überraschung: «Ja, unsere Tätigkeit basiert auf der Ausgangslage, die von der Politik vorgegeben wird. So ist die Vereinigung seinerzeit auch entstanden.»

Qualität als Existenzsicherung

Die Industrialisierung der Landwirtschaft und das damit verbundene Hofsterben seien im Jahr 1980 die Motivation der 200 Bäuerinnen und Bauern gewesen, eine Vereinigung zum Schutz der kleinen und mittleren Betriebe zu gründen. «Der Fokus unserer Höfe lag und liegt in der Qualität, nicht in der Quantität. Das ist für viele kleinere Betriebe die naheliegendste Perspektive, um bestehen zu können; das bedingt jedoch auch höhere Investitionen in das Tierwohl und in den Umweltschutz.» Die Vereinigung mit rund 5000 Mitgliedern setzt sich ein für eine vielfältige, ökologische und soziale Landwirtschaft. Damit hat sie sich Gehör verschafft, auch ausserhalb der Landwirtschaft. «Seit den 1990er Jahren wird eine enge Zusammenarbeit zwischen Landwirten und Konsumentinnen angestrebt», sagt Patricia Mariani, «deshalb sind viele unserer Mitglieder nicht direkt in der Landwirtschaft tätig.» Patricia Mariani ist sich bewusst, dass die Bedürfnisse von Ökologie und Wirtschaftlichkeit teils schwierig zu vereinbaren sind und dass die Anforderungen an die Bäuerinnen und Bauern oft auch widersprüchlich sind. «Die Nähe zu Konsumentinnen und Konsumenten ist nebst der Qualität der Produkte die weitere naheliegende Perspektive zur Existenzsicherung für kleinere Betriebe. Viele vermarkten ihre Produkte direkt; sei es über einen Hofladen, auf einem Markt oder über die direkte Belieferung von kleineren Läden. Durch diese direkten Kundenbeziehungen erhalten die Bauern auch mehr Wertschätzung für ihre Produkte und damit für ihre Arbeit.»

Motivation zum Direktkauf

Das sei auch reizvoll für die Konsumenten, da diese durch den Wegfall des Zwischenhandels für qualitativ hochstehende Produkte nicht mehr bezahlen müssen als im herkömmlichen Handel. Die Kleinbauern-Vereinigung sieht das Potenzial zur Verbreitung von Gütern aus naturnaher Produktion vor allem in den Städten. Umso wichtiger sei das Aufzeigen der Möglichkeiten zum Direkteinkauf und die Motivation dazu. Patricia Mariani spricht offen aus, dass eine völlige Transparenz beim Einkauf von Lebensmitteln nicht möglich sei, da weder die ökologischen noch die sozialen Kriterien in jedem Fall messbar seien. Deshalb wird auf Information mittels Sensibilisierung gesetzt, auf Aufmerksamkeit und Respekt gegenüber der Natur statt auf Belehrungen zu perfektem Verhalten der Konsumenten. Die Geschäftsleiterin weiss, dass das Rad der Zeit nicht zurückgedreht werden kann. «Natürlich ist es erstrebenswert, den Anteil lokaler Produkte möglichst hochzuhalten. Dabei geht es auch um lokale Wertschöpfung. Aus ökologischer Sicht ist es jedoch nicht so, dass lokale Produkte immer die beste Wahl sind. Wir wollen Denkanstösse vermitteln, dass sich möglichst viele Menschen mit dieser Thematik auseinandersetzen und sich die entsprechenden Fragen stellen.»

Bereitschaft ist vorhanden

Die Hürden für eine nachhaltigere Landwirtschaft, so Patricia Mariani, sind aus verschiedenen Gründen hoch, die Verfügbarkeit und der Preis, der nicht die wahren Kosten widerspiegelt, spielten dabei eine wichtige Rolle. Bio-Produkte seien zwar in grösseren Supermärkten einfach zu finden, allerdings in einem eher hohen Preissegment. Sie verweist auf Studien, die besagen, dass die Gewinnspanne der Grossverteiler bei diesen Produkten höher ist als bei konventionell produzierten. «Nachhaltig hergestellte Lebensmittel sollten erschwinglich sein für alle.» Seitens der Produktion seien immer mehr Betriebe bereit, auf eine ökologische Produktion umzustellen. Diese Bereitschaft auch durch die politischen Rahmenbedingungen zu unterstützen, wird angesichts des Rückgangs der Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe eine der grossen Aufgaben der Kleinbauern-Vereinigung sein. Auch wird die Beratung beim Generationenwechsel in der Landwirtschaft immer wichtiger. «Erfreulicherweise ist das Interesse an der Ausbildung zur Landwirtin und zum Landwirt nach wie vor gross», stellt Patricia Mariani fest, «die vielfältige, ökologische und soziale Landwirtschaft bietet vielen Menschen Zukunftsaussichten».

AfdN 04/2024 – Kleinbauern Vereinigung
Patricia Mariani, Co-Geschäftsleiterin der Kleinbauern-Vereinigung.
AfdN 04/2024 – Kleinbauern Vereinigung
Hofprodukte aus umweltschonender, lokaler Produktion: Der Alpomat ist der kleinste Hofladen in der Stadt.
AfdN 04/2024 – Kleinbauern Vereinigung
Bäuerliche Interessen, städtischer Sitz: Die Kleinbauern-Vereinigung will dort sein, wo die Konsumenten sind.
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