Vor der BEA 2024

Eine Tradition im Wandel der Zeit

Am 3. Mai beginnt die diesjährige BEA. Beste Gelegenheit, einen Blick in die Vergangenheit jenes Berner Grossevents zu werfen, der 1951 als beschauliche Herbstausstellung begann.

Text: Jean-Claude Galli. Bilder: Roland Koella und zVg
AfdN 04/2024 – Geschichte der BEA
Hoher Besuch 1988: Bundesrat Adolf Ogi (links) und BEA-Direktor Karl Bürki (rechts) empfangen Prinzessin Anne, Schwester des heutigen britischen Königs Charles III. Die mittlerweile 73-jährige Anne Mountbatten-Windsor besuchte die BEA Pferd als Präsidentin des Weltreitsportverbandes FEI, der seinen Sitz damals in Bern hatte und nun in Lausanne domiziliert ist. (Bild: Roland Koella)

330 000 Besuchende verzeichnete die Jubiläums- BEA vom letzten Jahr. Von einer «grossartigen 70. Ausgabe» mit 840 Ausstellern schwärmte Messeleiter Adrian Affolter in der Bilanz. Einen leicht melancholischen Höhepunkt bildete dabei das «Bye Bye Fest» zur Verabschiedung der alten Festhalle. Pegasus setzten den Schlusspunkt unter die 75-jährige Geschichte dieses Gebäudes. «Es war uns eine ganz besondere Ehre, dieses Finale bestreiten zu dürfen», sagte Sänger Noah Veraguth gegenüber dem Anzeiger für das Nordquartier. Neun Tage vor der Eröffnung der 71. BEA am 3. Mai blättern wir hier ein wenig in der Geschichte dieser traditionsreichen Ausstellung, die sich seit 1951 zum national bedeutenden Gesellschaft- und Wirtschaftsanlass entwickelt hat.

Am Anfang steht der Aufbruchsgeist nach Ende des Zweiten Weltkrieges und die Vision einer Handvoll Enthusiasten, nach der «Landi» von 1914 und der Schweizerischen Ausstellung für Frauenarbeit «SAFFA» zum dritten Mal eine Messe mit schweizweit prägendem Charakter in Bern zu lancieren. Die Wirtschaft beginnt wieder zu florieren und die Menschen sehnen sich nebst Normalität nach Abwechslung und Zerstreuung. «Die Nachkriegszeit war geprägt von der Suche nach Absatzmöglichkeiten und einem starken Hunger nach Erlebnissen. Die Haushalte benötigten den bis jetzt unbekannten Kühlschrank, Waschmaschine, Bügeleisen, Kleider, Möbel und Autos. Auch die Fresswelle begann nach langer Lebensmittel-Rationierung anzulaufen (…), alle genossen die neuen, importierten Lebensmittel wie Bananen oder Orangen», wie Isabelle Brunner in ihrer Bachelorarbeit mit dem Titel «Die Geschichte des Messeplatzes Bern» von 2011 eindrücklich ausführt.

Premiere am 1. September 1951

Die Deckung dieser Bedürfnisse spiegelt sich im Messe-Angebot der ersten Jahre, zumal es in der Grossregion Bern noch keine Shoppingcenter gibt. Haupttreiber dieser «Bernischen Ausstellung » sind der Radiohändler Hans Schmid, der Druckereibesitzer Oskar Schenker, Bäckermeister und Dählhölzli-Mitbegründer Hermann Frey sowie der Werber Richard Leutenegger. Ein Blick in die Gründerliste der Aussteller-Genossenschaft Bern (BEA) von 1949 stützt dieses Bild. Mit dabei sind gleich mehrere Bäckermeister, ein Metzger, ein Hotellerie-Vertreter sowie ein Sporthändler. Präsident Eduard Sterchi ist Fabrikant, Vizedirektor Hermann Aeschbacher Chef der Fluggesellschaft Alpar. Erster Ausstellungsdirektor wird Hugo René Ernst. Dass die Ausstellung im Nordquartier stattfinden soll, ist naheliegend. Mit dem Bau der Lorrainebrücke 1930 verlagern sich die Grossveranstaltungen vom Neufeld und Viererfeld auf die Allmend, wo seit 1925 schon das Wankdorf steht. Als geeignete Ausstellungsfläche bietet sich die 1948 für das Eidgenössische Sängerfest und die Jahrhundertfeier der Bundesverfassung erbaute Festhalle an.

Die erste «Berner Herbst-Ausstellung» wird am 1. September 1951 mit 139 Ausstellern durch Stapi Ernst Bärtschi eröffnet und dauert neun Tage. Registriert werden exakt 29 140 zahlende Besucher. 1953 sind erstmals Tiere zu sehen, 12 Kühe, die für einen höheren Milchkonsum werben. 1954 wird die Messe offiziell in «BEA-Ausstellung» umbenannt. Weil 1954 die internationale Gastronomie- Ausstellung HOSPES und die fast gleich zeitig mit der BEA stattfindende MOWO das Interesse schwächen, entscheidet man sich, die BEA 1955 erstmals im Frühling durchzuführen. Die neue Degustations-Abteilung und mehr Platz für die Tiere bringen den Erfolg zurück. 1956 findet erstmals ein «Offizieller Tag» statt, die Honoratioren werden mit einer Berner Platte verwöhnt. Diese erhalten die Ehrengäste noch bis weit in die 2000er-Jahre hinein vorgesetzt, als die BEA-Eröffnung schon länger inoffizieller «Berner Nationalfeiertag » ist.

Erstmals zum echten Grossanlass wird die BEA 1957, als sie die 100 000er-Besuchergrenze sprengt. Allerdings auch, weil über 13 Tage hinweg gleich mehrere Ausstellungen vereint sind, darunter eine Armee- und Pferdeschau in Anwesenheit von General Guisan. Daraus entsteht die BEA/PFERD, die später auch mit prächtigen Pferde- Galas lockt. 1958 bietet die BEA neu Tagungen Platz, darunter dem Schweizerischen Landfrauentag. 1959 ist mit der Region Provence erstmals ein ausländischer Teilnehmer dabei, woraus sich die Tradition der Gastländer entwickelt. 1961 fällt die BEA einmalig aus. Die vier Monate dauernde Ausstellung für Gesundheit, Hygiene, Sport und Freizeit HYSPA endet jedoch in einem finanziellen Debakel. Auch deshalb lässt sich die Messeleitung 1964 durch die Landesausstellung in Lausanne nicht beirren und führt die BEA mit kleinerem Budget trotzdem durch. 1965 ist erstmals die neu errichtete Curlinghalle nutzbar, was die Raummöglichkeiten auf ein neues Level hebt. Bis Ende der 1960er-Jahre erlangt die BEA den Status einer Ausstellung mit gesamtschweizerischer Bedeutung. Besuchermässig rangiert sie hinter der Mustermesse Basel, dem Comptoir Lausanne und der Olma an vierter Stelle. 1969 zeigen die Obst- und Gemüseproduzenten erstmals das «Grüne Zentrum».

1970 tritt Karl Bürki bei der BEA ein. Er gibt der Messe als Direktor bis 2004 gegen innen wie aussen ein prägendes Gesicht. 1971 folgt die Inbetriebnahme des Ausstellungszentrums BAZ, welches baulich mit dem frisch überdachten Eisstadion verbunden ist, was die Messefläche weiter steigert. 1972 entsteht zudem die Curlinghalle, die ebenfalls genutzt wird. Im selben Jahr überschreitet die BEA erstmals die 200 000er-Besuchergrenze, 1977 fällt die 300 000er-Marke. 1984 wird das neue Messegebäude NAHA 1 eingeweiht. 1989 wird die Aussteller-Genossenschaft BEA Bern mit der Fusionierung der Genossenschaft Ausstellungshalle Bern zur BEA bern expo. 1990 kommen erstmals über 400 000 Besucher an die BEA, 1991 wird das Kongresszentrum in Betrieb genommen. Im Mai 1999 beginnt der Bau der NAHA 2, des Parkhauses und der neuen Curlinghalle. Pünktlich zur Jahrtausendwende wird die Genossenschaft BEA bern expo in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Nach der Jubiläumsausgabe 2001 ziehen dunkle Wolken auf. 2002 resultiert ein massiver Verlust und eine Sanierung unter dem neuen VR-Präsidenten Nicolas Markwalder wird nötig. 2010 ändert die Betriebsgesellschaft ihren Namen in BERNEXPO AG.

«Cuco», «Bacardi-Hene» und wilde Partynächte

Ist die BEA in ihren Anfängen eine reine Warenpräsentation, werden mit zunehmender Besucherzahl und veränderten Bedürfnissen Genuss und Unterhaltung wichtiger. Und der einmalige BEA-Geist entsteht auch durch die Berner Geselligkeit, bestens zu erleben bei einem Besuch im «Simmentalerhof» oder dem «Red Grizzly Saloon ». «Basel hat die Fasnacht, Zürich das Züri Fäscht und Bern die BEA», beschreibt es der heutige Messeleiter Adrian Affolter. Ein beliebter Treffpunkt ist von 1994 bis 2018 während 25 Jahren die «Fasnachtsbeiz», geführt von Marc «Cuco» Dietrich, die «einzige Beiz mit einem Riesenrad im Garten», wie der eingefleischte Fasnächtler noch heute scherzhaft betont. 1994 ist die Beiz erstmals in Betrieb, allerdings noch nicht mit Blick aufs Riesenrad, sondern beim Eisstadion gelegen. «Dank meiner Freundschaft mit Karl Bürki konnten wir zu Beginn eine Umsatzmiete aushandeln. So sind wir finanziell nie auf die Schnauze gefallen. Die Einnahmen schwankten jeweils nur wetterbedingt», blickt das frühere Mitglied des Hit-Trios Peter, Sue & Marc zurück. Seine Verbundenheit zur BEA schlägt sich auch musikalisch nieder. Sein Sohn, Singer-Songwriter Bruno Dietrich, komponiert 2001 zum 50-Jahr- Jubiläum einen BEA-Song. «50 Jahr BEA, zwöituusig u eis, das muesch de gseh ha, es lohnt sech e Reis», heisst es im Refrain und die BEA wird im Text zum «Wunderland». Zu hören sind Vater und Sohn Dietrich sowie Tatiana Ferraro. Erwähnenswert ist auch das zweite Stück auf der CD. Es ist der zum 30-Jahr-Jubiläum vom früheren Infochef der Stadt Bern Hans Häusler komponierte, rassige BEA-Marsch.

Ein weiterer Hotspot punkto Genuss ist während zehn Jahren bis zum Umbau 2010 die legendäre Bacardi-Bar im Untergeschoss des Restaurant Hospes. Geführt wird sie von Heinz und Madeleine Sahli, die Trümpfe sind Live-Konzerte, süffige Drinks und eine unvergleichliche Atmosphäre. «Wir durften hier unvergessliche Stunden erleben», erinnert sich Heinz Sahli, «alte Freundschaften wurden besiegelt und neue Bekanntschaften begossen». Der Handy-Empfang ist noch lückenhaft und der Ort eine Oase ausserhalb der Dauererreichbarkeit.

2005 lanciert die Messeführung mit dem damaligen Gurtenfestival-Ausrichter Appalooza die «BEA Nights», die während zwei Ausgaben Bands wie Procol Harum, Uriah Heep und Faithless (2005) oder Barclay James Harvest, Jethro Tull und Reamonn (2006) ins Eisstadion bringen. Bis 2010 wird auch die Gastland-Reihe intensiviert. Russland (2002), Tunesien (2006) oder Holland (2010) und sogar das «Universum» (2009) sind dabei, bevor ein Strategiewechsel folgt.

Neue Festhalle kündigt sich an

Bei dieser umfangreichen Geschichte drängt sich die Verewigung in einem Buch geradezu auf. Und tatsächlich ist die BZ- und Bund-Journalistin und Autorin Sandra Rutschi aktuell daran, die Vergangenheit unter dem Titel «BEA – ihre Menschen, ihre Geschichten» umfassend aufzuarbeiten. «Anhand der BEA lässt sich exemplarisch zeigen, wie sich die Berner Gesellschaft verändert und gewandelt hat», sagt Rutschi. Das Buch beleuchtet verschiedene Exponentinnen und Exponenten, so den Metzgermeister Hans-Uli Richard, der bereits an der ersten BEA am elterlichen Stand mithalf. Den bereits erwähnten früheren Direktor Karl Bürki, aber auch Menschen hinter den Kulissen wie die langjährige Sanitäterin Marianne Zosso oder ein Paar, das sich an der BEA verliebte. Das reich bebilderte Buch erscheint 2025 im Stämpfli Verlag, pünktlich zur 72. BEA und zur Einweihung der neuen Festhalle.

Die Bauarbeiten dazu wirken sich auch auf die diesjährige Ausgabe aus. «Das bisher genutzte Freigelände wird zu einem Grossteil von der Baustelle eingenommen. Wir haben aber einiges verschoben und umkonzipiert, so dass wir dennoch mit fast gleich viel Fläche und Ausstellenden wie 2023 auftreten können», sagt Adrian Affolter. Das Freigelände wird in zwei Sektoren aufgeteilt und die Eisbahn vor dem Stadion als zusätzliche Aussteller- Fläche eingesetzt. Auch der Lunapark liegt nun samt Riesenrad in dieser Zone. Und die einmalige Sonderschau «Netto-Null» der Wirtschafts-, Energie- und Umweltdirektion zeigt, wie der Kanton dieses Ziel bis 2050 erreichen will. Die BEA 2024 dauert bis zum 12. Mai.

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